Kölner Verkehrs-Betriebe AG Geschäftsbericht 2022
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Risiken- und Chancenbericht

Das im Unternehmen implementierte Risikomanagementsystem sichert mit vierteljährlich stattfindenden Risikoinventuren die permanente Überwachung von Risikofaktoren. Es dient dem frühzeitigen Erkennen sowie der Steuerung von Risiken, die potenziell die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der KVB gefährden, und fördert damit die Nutzung künftiger Handlungsspielräume.

Die konzernweite Unternehmensrevision prüft die Abläufe des Systems sowie dessen Wirksamkeit und Angemessenheit.

Im Rahmen des Risikomanagementprozesses werden alle identifizierten Risiken des operativen und strategischen Geschäftes analysiert und dokumentiert, nach Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit eingestuft sowie in die Unternehmenssteuerung integriert.

Klassifizierung der Eintrittswahrscheinlichkeiten:

   
Sehr hoch über 50 % bis <100 %
Hoch über 20 % bis 50 %
Mittel über 5 % bis 20 %
Gering bis 5 %

Die Klassifizierung der Schadenshöhen orientiert sich an der Höhe des Jahresergebnisses und erfolgt für die KVB zum Stichtag 31. Dezember 2022 gemäß nachfolgender Tabelle:

   
Gravierend über 100 Mio. €
Wesentlich über 50 Mio. € bis 100 Mio. €
Moderat über 25 Mio. € bis 50 Mio. €
Niedrig bis 25 Mio. €

In den Risikomanagementprozess sind Vorstand, Konzernleitung und Aufsichtsrat durch regelmäßige Berichterstattung eingebunden. Die Meldeschwelle für diese Berichterstattung beträgt 3 Mio. € Netto-Schadenswert, sowohl bei Ergebnisrisiken als auch bei reinen Cashflow-Risiken. Diese Meldeschwelle wird auch dem hier vorliegenden Risikobericht hinsichtlich des Ausweises konkreter Risiken zugrunde gelegt.

Zusätzlich zur regulären Abfrage erfolgt bei unvorhergesehenen wesentlichen Veränderungen eine Berichterstattung in Form einer Ad-hoc-Meldung.

Marktrisiken

Infolge der Entwicklungen im Jahre 2022 in Bezug auf die andauernde Covid-19-Pandemie sowie des Ukraine-Krieges und der damit verbundenen Lieferengpässe sind insbesondere die Rohstoff- und Materialkosten signifikant gestiegen. Diese könnten das Ergebnis der KVB auch zukünftig negativ beeinflussen, falls keine Rückkehr zu den alten Preisniveaus stattfinden sollte. Die zum Zeitpunkt der Aufstellung des Mittelfristplans für die Jahre 2023 bis 2027 erwarteten Kostensteigerungen wurden in diesem Plan berücksichtigt. Weitere mögliche Ergebnisbelastungen werden im Folgenden mit Stand zum 31. Dezember 2022 als Risiken aufgeführt.

Grundsätzlich existieren für die KVB Risiken bezüglich eventueller Einschränkungen in der Energieversorgungssicherheit sowie potenzielle Lieferkettenstörungen und -ausfälle, die aktuell – aufgrund des Vorliegens komplexer Wechselwirkungen – bezüglich der potenziellen Auswirkungen nicht konkret kalkulierbar sind. Es werden daher die Entwicklungen am Markt regelmäßig beobachtet und – sofern nötig – frühzeitig entsprechende Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet.

Zwecks Stabilisierung des ÖPNV wurde seitens der Landesregierung des Landes NRW im Dezember 2022 ein Programm zur Krisenbewältigung, insbesondere zur Kompensation der Energiekostensteigerungen, aufgelegt. Weiterhin beabsichtigt das Land, zusätzliche Regionalisierungsmittel für die Absicherung des bestehenden ÖPNV-Angebots einzusetzen. Hieraus erwartetet die KVB finanzielle Ergebnisentlastungen, deren Umfang aktuell noch unbekannt ist.

Intensiv diskutiert wurde zudem die Einführung eines Nachfolgetickets zum 9-Euro-Ticket. Dazu haben sich die Verkehrsministerinnen und -minister von Bund und Ländern am 27. Januar 2023 geeinigt. Das sogenannte Deutschlandticket soll zum 1. Mai 2023 eingeführt werden.

Bund und Länder haben bislang für die Jahre 2023 und 2024 zusammen jeweils 3,0 Mrd. € zugesagt, um finanzielle Schäden, die durch die Einführung des Deutschlandtickets bei den Verkehrsunternehmen anfallen, zu übernehmen. Derzeit konnte allerdings noch keine finale Einigung darüber erzielt werden, dass die Mindereinnahmen dauerhaft von Bund und Ländern ausgeglichen werden, insbesondere falls sie die genannten 3,0 Mrd. € übersteigen sollten. Zudem fehlt noch eine Lösung zur Fortschreibung der Tarife, um entsprechend den bisherigen Regelungen die Kostensteigerungen aufzufangen. Ohne Klärung dieser Punkte könnten bei der KVB erhebliche negative Ergebniswirkungen entstehen, die frühestens nach Abschluss einer dauerhaft wirksamen Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Finanzierung des Deutschlandtickets beziffert werden können.

Stromkostenrisiko

Bis Ende des Jahres 2023 bestehen Stromlieferverträge mit festen Bezugskonditionen. Durch die Kopplung des neuen Stromliefervertrags an Stromhandelspreise drohen auf Basis des aktuellen Strompreisniveaus Ergebnisbelastungen ab dem Jahr 2024.

Mindereinnahmen aufgrund der Covid-19-Pandemie

Die Covid-19-Pandemie hat seit Beginn im Jahr 2020 negative Auswirkungen auf die gesamte ÖPNV-Branche. Die Virusverbreitung des Erregerstammes SARS-COV-2 ist auch zum Ende des Jahres 2022 noch aktiv und wird das Kundenverhalten im Jahr 2023 weiter beeinflussen, wenn auch nicht mehr so stark wie in den vergangenen Jahren.

Das daraus resultierende Marktrisiko, bezogen auf die zu erzielenden Verkehrserlöse, hat demnach weiterhin Bestand. Aktuell ist seitens des Bundes kein weiterer Rettungsschirm für pandemiebedingte Erlösausfälle im ÖPNV vorgesehen, der zusätzliche Ergebnisbelastungen der KVB ausgleichen würde.

Es wird erwartet, dass das Fahrgastniveau vom Jahr 2019 wieder Mitte 2023 erreicht wird. Hierfür wird angenommen, dass die Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV trotz der Etablierung der verstärkten Homeoffice-Nutzung und des dauerhaften Anstiegs der Menge der Käufe via Onlinehandel wieder häufiger mobil sein werden.

Änderung VRS-Tariffortschreibungsmodell

Bereits seit dem Jahr 2020 wird das Tariffortschreibungsverfahren in seiner Struktur überprüft. Kern der Prüfung ist die Systematik, nach der eine notwendige Preismaßnahme ermittelt wird. Die politischen Beratungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Dabei geht es einerseits um den Wunsch, die Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV in Zukunft weniger stark zu belasten. Andererseits müssen dann zur Stabilisierung der Ergebnissituation der im VRS tätigen Verkehrsunternehmen für die fehlenden Einnahmen weitere Finanzierungssäulen und Ausgleichsmechanismen geschaffen werden, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststehen. Hier ist im Laufe des Jahres 2023 mit einer Entscheidung zu rechnen. Die Änderung des Tariffortschreibungsmodells hätte nach aktueller Einschätzung frühestens ab 2025 finanzielle Auswirkungen auf die KVB.

Zuschussrisiko durch Lieferverzug bei geplanten E-Bus-Auslieferungen

Aufgrund möglicher Versorgungsengpässe durch die oben erwähnten Entwicklungen sind auch geplante Auslieferungen im E-Bus-Bereich gefährdet. Die Bezuschussung der E-Busse ist an einen festen Lieferzeitraum geknüpft. Eine Verzögerung der Auslieferung ohne Verlängerung des Förderzeitraums kann zur Folge haben, dass bewilligte Fördermittel anteilig nicht abgerufen werden können. Der Antrag auf die Verlängerung des Bewilligungszeitraums ist bereits gestellt. Eine schriftliche Bestätigung wird im Jahr 2023 erwartet.

Lieferverzögerungen bei der Straßenbahnbeschaffung

Im Rahmen eines Beschaffungsprojektes wird eine Vielzahl von Straßenbahnen neu beschafft. Die Beschaffungspläne und -zeiträume unterliegen verschiedenen Risiken, die bei Eintreten für erhebliche Verzögerungen der Lieferungen und damit zu hohen Folge- bzw. Zusatzkosten führen können.

Auch dieses Projekt ist von den vorher genannten Entwicklungen des Jahres 2022 betroffen, sodass derzeit Verzögerungen bei der Auslieferung der neuen Fahrzeuge wahrscheinlich sind. Diese könnten grundsätzlich durch die Bereitstellung von Alt-Fahrzeugen ausgeglichen werden, was mit Mehrkosten im Bereich der Fahrzeugwartung verbunden wäre.

Rahmenbedingungen und rechtliche Risiken
KVB-Datenschutzrisiko

Mit Umsetzung der Novelle der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zum Mai 2018 haben sich die rechtlichen Anforderungen im Fall von Datenschutzvorfällen grundlegend geändert. Bei Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung können Aufsichtsbehörden im Einzelfall Geldbußen verhängen. Somit besteht für die KVB grundsätzlich ein Datenschutzrisiko, dem durch die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen sowie eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde entgegengewirkt wird.

Betriebsrisiken

Die Fahrzeuge und technischen Anlagen setzt die KVB mit einem hohen Grad an Zuverlässigkeit und Sicherheit sowie unter Berücksichtigung gegebener Umweltstandards ein. Technischen Ausfallrisiken sowie umweltbezogenen Risiken begegnet das Unternehmen mit einer permanenten Verbesserung des technischen Standards. Zum 31. Dezember 2022 werden folgende konkrete Betriebsrisiken ausgewiesen:

Jahrhunderthochwasser

Von einem möglichen Jahrhunderthochwasser wäre der Linienbetrieb in großen Teilen Kölns betroffen. Eine mögliche Folge wäre – neben der Beeinträchtigung des Stadtbahn- und Seilbahn-Betriebs – die Beschädigung der Betriebstechnik vor allem in der U-Bahn. Aufgrund der Vielzahl der durch die KVB eingeleiteten sowie etablierten Gegensteuerungsmechanismen wird das Gefährdungspotenzial dieses Risikos als gering eingeschätzt.

Finanzrisiken

Refinanzierungsrisiken

Vor dem Hintergrund des Organschaftsvertrages mit dem Stadtwerke Köln Konzern bestehen Refinanzierungsrisiken dahingehend, dass die tatsächlichen Zinssätze für die Konzernfinanzierung und die langfristige Finanzierung durch Bankdarlehen insbesondere bei Darlehensverlängerungen von den Annahmen der aktuell gültigen Wirtschaftsplanung 2023 bis 2027 abweichen. Derzeit ist eine weiter ansteigende Entwicklung des Zinsniveaus zu verzeichnen, weshalb für die KVB ein Refinanzierungsrisiko besteht.

Finanzielle Risiken des operativen Geschäftes

Grundsätzlich sind durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem Stadtwerke Köln Konzern finanzielle Risiken des operativen Geschäftes für die KVB weitgehend ausgeschlossen. Darüber hinaus sind für Risiken des operativen Geschäftes adäquate Versicherungslösungen abgeschlossen worden beziehungsweise im Bedarfsfall vorgesehen, um finanzielle Konsequenzen auf ein tragbares Maß zu reduzieren.

Hinsichtlich finanzieller Risiken des strategischen Geschäfts, die mit der Änderung gesetzlicher, vertraglicher sowie gesellschaftsstruktureller Rahmenbedingungen verbunden sind, werden frühzeitig geeignete Strategien entwickelt und entsprechende Maßnahmen abgeleitet sowie umgesetzt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind keine Risiken bekannt, die den Fortbestand der KVB gefährden. Gegen alle heute bereits erkennbaren Risiken des operativen und strategischen Geschäftes wurden entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Um auch unvorhergesehene zukünftige Herausforderungen bewältigen zu können, setzt die KVB darauf, langfristig das Wachstumspotenzial auf der Einnahmenseite auszuschöpfen und die Kosten weiter zu optimieren. So wird die Wirtschaftlichkeit kontinuierlich verbessert und Mobilität auf hohem Niveau dauerhaft gewährleistet.