Kölner Verkehrs-Betriebe AG Geschäftsbericht 2022
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Innovationen

Die neuen Stadtbahnen HF6 sind immer häufiger im Fahrgasteinsatz zu sehen. Bis Juli 2022 waren sechs Fahrzeuge in Doppeltraktion auf der Linie 3 unterwegs. Der Einsatz der Fahrzeuge erfolgte auf Grundlage der im Dezember 2021 durch die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) erteilten und auf die Linie 3 beschränkten zeitlich befristeten Zulassung. Im Juli 2022 wurde von der TAB eine unbefristete und uneingeschränkte Zulassung erteilt. Von diesem Zeitpunkt an war es möglich, die HF6 im gesamten Hochflurnetz innerhalb des Kölner Stadtgebietes einzusetzen.

Die Zahl der ausgelieferten und dem Fahrgastbetrieb übergebenen Fahrzeuge stieg im Laufe des Jahres stetig an. Zum Jahresende verfügte die KVB bereits über 18 Fahrzeuge, von denen 14 auch bereits im Fahrgasteinsatz waren. Im Dezember 2022 erteilte die Landeseisenbahn¬verwaltung die Zulassung nach Eisenbahn-Bau- und -Betriebsordnung. Damit erweitert sich das befahrbare Streckennetz für die HF6 auf die Strecken der Häfen und Güterverkehr Köln AG in Richtung Bonn. Im nächsten Schritt wird in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Bonn der Netzzugang der HF6 für das Stadtgebiet Bonn erwirkt werden, um die Fahrzeuge wie vorgesehen auch auf den Linien 16 und 18 einsetzen zu können.

Im Laufe des Jahres 2022 erhöhte sich die Zahl der bestellten Fahrzeuge von 27 auf 30. Das 29. Fahrzeug soll im August 2023 geliefert werden. Aufgrund der späteren Bestellung ist die Lieferung des 30. und damit letzten Fahrzeuges der Serie für spätestens Juni 2025 geplant.

Am 29. Juni 2021 hat die KVB auf dem Betriebshof Nord die Ladeinfrastruktur für ihre Elektrobusse in Betrieb genommen.

Derzeit wird in Köln-Porz ein neuer Betriebshof für Elektrobusse errichtet, einschließlich entsprechender Infrastruktur. Dazu hatte der Rat der Stadt Köln im Juni 2021 den Bauplänen der KVB zugestimmt. Auf diesem Betriebshof sollen im ersten Schritt 51 E-Busse abgestellt und geladen werden. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts ist für Ende 2023 geplant.

Ende 2022 waren insgesamt 62 E-Busse in der KVB-Busflotte im Einsatz, bis Ende 2023 sollen es 118 sein. Es ist geplant, bis zum Jahr 2030 die gesamte Busflotte auf Elektroantrieb umzustellen.

Seit Dezember 2020 ergänzt im Rahmen eines auf vier Jahre angelegten Pilotbetriebs das On-Demand-Angebot „Isi“ der Kölner Verkehrs-Betriebe AG den öffentlichen Personennahverkehr. Zehn elektrisch angetriebene und barrierefreie Fahrzeuge der Isi-Flotte sind bedarfsorientiert tagsüber an Wochentagen in Bedienungsgebieten in Porz, Nippes und Ehrenfeld unterwegs. Am Wochenende wird der On-Demand-Service nachts auch in der erweiterten Innenstadt angeboten.

Bis zum 31. Dezember 2022 haben sich circa 12.500 Kundinnen und Kunden registriert. Durchgeführt wurden insgesamt rund 35.000 Fahrten. Insbesondere in den Porzer Stadtteilen liegt die Nachfrage mit durchschnittlich 75 Fahrten pro Tag sehr hoch. An nachfragestarken Tagen nutzten über 100 Fahrgäste das Service-Angebot mindestens einmal. Rund 74 % der Buchungen erfolgten per App, 26 % telefonisch. Etwa eine von fünf Fahrten wurde bis zu drei Tage im Voraus gebucht, die vier anderen wurden kurzfristig angetreten. Hierbei lag die durchschnittliche Wartezeit bis zum Fahrtantritt bei rund zehn Minuten.

Rund 40 % aller Fahrten wurden geteilt. Das bedeutet, dass mehrere Fahrgäste mit einzeln gebuchten Fahrten gleichzeitig befördert wurden. Die Tendenz dieser Quote ist seit Angebotsbeginn steigend. In einer Kundenbefragung gaben rund 80 % der Nutzer und Nutzerinnen an, dass sie sehr zufrieden oder zufrieden mit dem Angebot sind.

Das KVB-Rad verzeichnete im Jahr 2022 erneut ein Rekordjahr, und das trotz einer Vandalismus-Welle, die im März innerhalb von 14 Tagen rund 1.800 Räder für mehrere Monate außer Betrieb setzte. Von März bis Anfang Juni war der Betrieb daher nur noch in der linksrheinischen Flexzone (Innenstadt) mit im Schnitt 500 Rädern möglich. Mit der schnellen Entwicklung robuster Schlösser und dem zügigen Einbau in die Flotte konnte im zweiten Halbjahr ein neuer Spitzenwert von rund 1,9 Mio. Ausleihen erreicht werden. Das Jahresziel von 2 Mio. Ausleihen wurde nur knapp verfehlt. Erstmals wurde ab Oktober an mehreren Tagen die Marke von 10.000 Fahrten/Tag übertroffen. Zudem vergrößerte sich der Nutzerkreis des KVB-Rades mit über 45.000 Neuanmeldungen deutlich. 750 Nutzerinnen und Nutzer meldeten sich ab. Das Stationsnetz blieb dagegen mit 44 Stationen deutlich hinter der Zielmarke von 100 Stationen zurück. Grund hierfür waren Verzögerungen im Genehmigungsverfahren sowie Belastungen durch die Vandalismus-Schäden.

Für das Jahr 2023 ist die zügige Erweiterung auf 100 Stationen sowie die Steigerung der Fahrten auf 2,5 Mio. geplant.

Im Bereich Betrieb Stadtbahn und Bus wurde mit der Einführung der unternehmensweiten mobilen Kommunikationsplattform KVB2go eine Möglichkeit geschaffen – vor allem für die über 1.600 Mitarbeitenden im Fahrdienst ohne festen Arbeitsplatz –, aktuelle Informationen und notwendige Arbeitsunterlagen mobil abzurufen. Ein Testbetrieb mit digitalen Großbildschirmen („Touchscreens“)  verlief im Busbereich positiv, so dass künftig gezielt betriebliche Anweisungen und Fachinformationen für den Fahrdienst nicht nur in Papierform, sondern einfach elektronisch zur Einsicht in den Fahrdienstgebäuden zur Verfügung stehen. Im Teilbereich der Betriebsaufsicht wurde die Grundlage geschaffen, um im Jahr 2023 durch den Einsatz von mobilen Endgeräten die Arbeitsqualität zu steigern und die Betriebsabläufe für die Verkehrsmeisterinnen und Verkehrsmeister im Außendienst zu vereinfachen.

Das Potenzial an Innovation und Vereinfachung von Arbeitsabläufen im Fahrdienst durch Digitalisierung ist enorm und wird in den kommenden Jahren schrittweise durch geeignete Projekte ausgeschöpft werden.

Der Bereich Fahrweg hat sich entschieden, durch Veränderungen der Rahmenbedingungen in Bereichen der Infrastruktur – wie beispielsweise steigendes Anlagenalter, abgekündigte Bauteile und Technologien, zunehmende Belastungen der Anlagen durch zunehmende Verkehrsbelastungen, zusätzliche Neuanlagen und den steigenden Fachkräftemangel – die Werkzeuge der Digitalisierung immer mehr zu nutzen. Daraufhin wurde das Projekt Move i2 (Mobile, offensive vorausschauende Entwicklung, intelligente Instandhaltung) im Fahrweg installiert. Die Fachbereiche lieferten mögliche Anwendungsfälle, wie

  • ein Weichendiagnosesystem, 
  • Sensorik an Fahrtreppen zur Erfassung des Anlagenverhaltens (4.0-Fahrtreppen), 
  • Beschleunigungssensorik auf den Achsen der Stadtbahnen zur Erfassung der Erschütterungen (Track- und Noisemonitoring), 
  • ein Funksystem zur Erfassung diverser klimatischer und räumlicher Daten (LoRaWAN),

die zurzeit in Form von Pilotprojekten intensiv über mehrere Jahre in Begleitung der Industrie innovativ betrachtet werden – mit dem Fokus, die Anlagen-Daten zentral über Sensoriken auf eine IT-Systemarchitektur der KVB zu überführen, um weitere Schritte wie Archivierung und Analyse der Daten durchführen zu können. Somit wird die Verfügbarkeit der Anlagen durch vorzeitige Instandhaltung (Predictive Maintenance) erhöht. Eine „zustandsorientierende Wartung/Instandhaltung“ wird ein weiteres Ziel sein. Das Anlagenverhalten beziehungsweise Anlagenstörungen sollen über ein einheitliches Dashboard dargestellt bzw. gemeldet werden. Die KVB hat diese Vorgehensweise im VDV ATI (Ausschuss für Telematik und Informationssysteme) und den VDV-Unterausschüssen Telematik, ITCS und Zugsicherung vorgestellt. Verschiedene Verkehrsbetriebe wie die Verkehrsbetriebe in Berlin, Frankfurt und Stuttgart interessieren sich bereits für die Projekte Track- und Noisemonitoring, Weichendiagnosesystem und 4.0-Fahrtreppen.

Der Bereich der Werkstätten Stadtbahn und Bus setzt mit dem Zulauf der Stadtbahnneufahrzeuge HF6 eine neue Instandhaltungsstrategie mit gleichbleibendem personellem Kapazitätsbedarf je Frist- beziehungsweise Inspektionsstufe sowie Infrastrukturbelegung um. Diese erhöht die Planbarkeit sowie die Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Infolgedessen wird auch die Materialverfügbarkeit aufgrund der Planbarkeit optimiert. In verschiedenen Fahrzeugen werden darüber hinaus Schwingungssensoren in den Fahrwerken verbaut, um den Zustand der Antriebssysteme sowie der Fahrwege (Gleis) zu überwachen.

Im Geschäftsjahr 2022 wurde die Umrüstung der Busse mit Multifunktionsanzeigern sowie mit allen notwendigen ITCS-Komponenten abgeschlossen. Die Stadtbahnserien 4500, 5100, 5200 und 2400 sind ebenfalls zu 95 % mit den genannten Komponenten ausgerüstet. Durch die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Multifunktionsanzeigern ist es möglich, die Fahrgäste mithilfe der Darstellung als „Perlenschnur“ über den Streckenverlauf zu informieren.

In den kommenden Jahren wird die Darstellung mit Auskünften über Störungen, Umleitungen, Barrierefreiheit, Veranstaltungen und anderen Informationen erweitert.

Weiterhin ist im Berichtsjahr die Modernisierung der Leitstellenarbeitsplätze durch Beschaffung neuer Hardware vorangeschritten. Durch die Einführung eines Redaktionssystems wurde die Basis für eine moderne Kundeninformation bei Störfällen gelegt. Ziel der kommenden Jahre ist es, das Redaktionssystem durch Softwareerweiterungen so zu ertüchtigen, dass Störungen und alternative Verbindungen zeitnah auf den Fahrgastinformationsanzeigern an den Haltestellen, auf Multifunktionsanzeigern in den Fahrzeugen, in der KVB-App sowie auf anderen Ausgabemedien dargestellt werden können.

Der Austausch der Fahrgastinformationsanzeiger auf den Haltestellen durch moderne RGB-Anzeiger erfolgte bereits im Geschäftsjahr 2021. Diese sollen durch weitere Anzeiger ergänzt werden, die Kunden an den Zugängen zu Zwischenebenen über die Abfahrtzeiten der Fahrzeuge informieren. Die nötigen Abstimmungen zwischen KVB und Stadt sowie Planungsarbeiten waren gegen Ende des Berichtsjahres zu rund 90 % abgeschlossen.

Als aktiver Praxispartner übernimmt die KVB weiterhin eine gestaltende Funktion beim Forschungsprojekt MIAAS und unterstützt die Partner aus Wissenschaft und Industrie bei der Entwicklung eines mobilitätsbasierten und nachfrageorientierten Prognosemodells.

Dabei konnten bereits die vorhandenen KVB-Rad-Stationen in das Dashboard übernommen werden, um darauf aufbauend im nächsten Schritt mithilfe von Praxistests und in Zusammenarbeit mit der Firma Nextbike die Prognosegenauigkeit zu erhöhen und das KI-System weiterzuentwickeln. Des Weiteren wurden Mobilstationen in das Dashboard eingepflegt und erste Tests bezüglich der Einzugsradien vorgenommen. Ein weiteres Ergebnis ist die Erarbeitung von Standards bei der Schnittstellenbeschreibung zur Kommunikation mit Mobilitätspartnern. Die KVB wird auch künftig einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des KI-basierten Prognosemodells leisten.