Volle Fahrt <br>voraus

Volle Fahrt voraus

Luftreinhaltung und Nachhaltigkeit
Die KVB stellt ihre Busflotte komplett auf Elektroantrieb um. Es ist nicht nur das größte E-Bus-Projekt in Deutschland, sondern auch wegweisend für die Zukunft der Rheinmetropole: Köln will die Mobilitätswende aktiv mitgestalten – und setzt dabei auf eine umfassende Ladeinfrastruktur, starke Partner und innovative Ideen.

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Als Süleyman Basaran vor fünf Jahren die ersten Fahrerinnen und Fahrer für Elektrobusse schulte, merkte er schnell: Es würde ein bisschen dauern, bis alle mit den Feinheiten der neuen Fahrzeuge vertraut sind. „Viele haben sich auf die neue Technik gefreut“, erinnert sich der stellvertretende Betriebsleiter und Leiter der Personalführung im Fachbereich Bus der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Aber es gab auch Bedenken: „Komme ich mit der Ladung hin? Und was ist, wenn ich liegenbleibe? Das hat damals alle interessiert.“

Heute stellt bei der KVB kaum jemand mehr solche Fragen. Die Busse sind im Alltag etabliert, erweisen sich als höchst zuverlässig, als modern und angenehm zu fahren. Sie machen wenig Fahrgeräusche, produzieren unterwegs keine Abgase und die Technik ist damals wie heute nagelneu.

Die KVB leistete auf diesem Feld Pionierarbeit. Mit dem Fahrplanwechsel 2016 kamen erstmals neun Elektrobusse im Kölner Stadtgebiet auf der Buslinie 133 vom Hauptbahnhof bis zum südlichen Stadtteil Zollstock zum Einsatz. Damals gab es vom Hersteller noch nicht einmal Serienfahrzeuge. Die Kölner passten also im Lauf der Jahre in enger Abstimmung mit dem Entwickler alle möglichen Komponenten an, optimierten die Fahrleistung, verbesserten die Türsteuerung und verfeinerten sogar die Außenspiegel für die völlig neue Bus-Form. „Auch dank unserer Erfahrungen sind aus den Prototypen nun Serienfahrzeuge geworden“, sagt Basaran stolz.

VOLL ELEKTRISCH BIS 2030

Logische Konsequenz: Im kommenden Jahr sollen weitere sechs Buslinien in Köln mit E-Bussen ausgerüstet werden. Das Ziel der KVB ist noch ambitionierter: Bis zum Jahr 2030 will das Unternehmen sämtliche Buslinien elektrifizieren.

Die umweltfreundlichen und leisen E-Busse sind Teil einer umfassenden Mobilitätswende, die das Gesicht der Stadt Köln in den kommenden Jahren verändern wird. Ziel ist es, die Mobilitätsangebote sauberer zu machen – und zudem das ÖPNV-Angebot zu erweitern, damit mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr nutzen und somit emissionsfrei unterwegs sind. Statt mit Privat-Pkw in kilometerlangen Staus zu stecken, sollen die Kölner miteinander verzahnte Mobilitätsangebote nutzen und so den Technologiewandel aktiv mitgestalten. Der Stadtwerke Köln Konzern hat dabei die Klimaziele immer im Blick und geht mutig voran.

Über 250 Ladestationen für Elektroautos betreibt die RheinEnergie in Köln. Die Stadt hat eines der dichtesten Ladesäulennetze in Deutschland.

NEUE ANTRIEBE – NICHT NUR FÜR DIE KVB

Damit die Vision Realität wird, arbeiten zahlreiche Akteure Hand in Hand: Sie bauen die städtische Infrastruktur aus, stocken den öffentlichen Nahverkehr auf und integrieren alternative Mobilitätslösungen in das Streckennetz. Wichtiger Baustein sind dabei die 200 Elektro-Roller des E-Roller-Verleihservice „rhingo“, der zur RheinEnergie gehört. Per App können die Kölner Roller ausleihen, abgerechnet wird pro Minute.

Die RheinEnergie baut in Köln nicht nur die Ladeinfrastruktur für die KVB-Busse aus, sondern auch für private Pkw. Mehr als 250 Ladestationen der RheinEnergie gibt es bereits im Stadtgebiet – Köln hat eines der dichtesten Ladesäulennetze in Deutschland. Auch zu Hause können E-Autofahrer ihr Fahrzeug laden: Die Heim-TankE der RheinEnergie wird einfach an der Garagenwand montiert und lädt das Auto über Nacht auf.

MENSCHEN ZUM BUSFAHREN BEWEGEN

Fest steht: Der Technologiewandel ist ein wichtiger Schritt zu einer noch lebenswerteren Stadt Köln. Kernstück des Vorhabens, das die Stadt unter dem Dach „Smart City KVB“ bündelt, ist zweifelsfrei die Umrüstung der Busflotte. Die elektrisch betriebenen Busse schonen nicht nur die Umwelt, sondern sollen auch mehr Menschen zum Busfahren bewegen.

Deshalb rüstet die KVB ihre Busflotte nicht nur um, sondern baut sie auch aus – und erweitert das Angebot im Stadtgebiet. Der Gedanke dahinter: Je mehr umweltfreundliche Busse auf den Straßen unterwegs sind und je öfter sie fahren, desto mehr Menschen nutzen das Angebot auch. Um die dazu nötigen Kapazitäten aufzubauen, plant die KVB derzeit den neuen Busbetriebshof Ost auf einem Gelände in Porz.

Auch der Betriebshof Nord in Riehl steckt mitten im Umbau. Dort entsteht eine Ladeinfrastruktur für 53 E-Busse, die bereits im kommenden Jahr fertig sein soll. 15 Millionen Euro nimmt die KVB allein für die erste Ausbaustufe ihrer Mobilitätsinfrastruktur in die Hand, das Land NRW bezuschusst die Bauvorhaben mit rund elf Millionen Euro. Die E-Busse werden unter drei Carports abgestellt. Die Ladehauben sind an den Unterseiten der Carport-Dächer angebracht.

An den E-Bus-Endhaltestellen verbindet ein spezieller Stromabnehmer den Bus per Knopfdruck zur Zwischenladung.

HAND IN HAND MIT DER RHEINENERGIE

Einige Ladesäulen stehen in Riehl bereits, an denen die E-Busse über Nacht aufgeladen werden. Der Strom fließt aus dem benachbarten Umspannwerk der RheinEnergie und kommt aus regenerativen Energiequellen. Die Konzernschwester ist ein wesentlicher Partner im E-Bus-Projekt: Die RheinEnergie versorgt die E-Busse nicht nur mit Energie, sondern installiert auch Fotovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Carports.

Für Ceylan Danisman sind die neuen Ladesäulen ein Bestandteil ihres Arbeitsalltags. Die Busfahrerin gehörte zu den Ersten, die vor fünf Jahren die damals neu angeschafften E-Busse auf der Innenstadtlinie 133 fahren durften. An die erste Fahrt mit dem neuen Bus erinnert sie sich noch genau: „Das Fahrgefühl ist unbeschreiblich. Der Bus gleitet einfach über die Straße hinweg – und ist dazu noch total leise“, sagt sie.

»Das Fahrgefühl ist unbeschreiblich. Der Bus gleitet einfach über die Straße hinweg – und ist dazu noch total leise.«

Ceylan Danisman,
Busfahrerin der E-Bus-Flotte der KVB

Inzwischen beginnt sie ihren Dienst ganz routiniert, indem sie ihren Bus selbst von der Ladestation auf dem Betriebshof abkoppelt. „Die Hochvolt-Batterien der E-Busse werden über Nacht an den Ladesäulen Stück für Stück hochgefahren“, erklärt sie. Hat Danisman den Ladestecker abgenommen, verschließt sie die Batterieladeklappe mit ihrem Vierkant-Steckschlüssel – „sonst fährt der Bus gar nicht erst los.“ Damit der Bus den ganzen Tag fahren kann, wird er später an den Endhaltestellen zwischengeladen. „An den Endhaltestellen habe ich kurz Pause und verbinde den Bus über den Stromabnehmer, den sogenannten Pantographen, mit der Ladestation – auch wenn die Batterie noch fast voll ist“, sagt Danisman. Das sorgt mitunter für neugierige Blicke: „Vor kurzem hat mich eine asiatische Touristengruppe fotografiert, weil sie das so spannend fand.“ Ein netter Nebeneffekt: Danisman erklärt den interessierten Beobachtern dann gerne den umweltschonenden Bus – und gewinnt so direkt neue Fahrgäste.

ZUKUNFTSFÄHIGES BERUFSFELD

Die neue E-Bus-Flotte stellt die KVB auch personell vor Herausforderungen. E-Bus-Fahren will nämlich gelernt sein, wie Danisman erklärt: „Wer nicht weiß, wie so ein Bus funktioniert, bekommt ihn noch nicht einmal an“, sagt sie. Es braucht auch etwas Zeit, die Elektronik in Gang zu setzen. Die sogenannte Hochfahrphase dauert etwas länger als das Anlassen eines Dieselbusses. E-Busse laufen danach den ganz Tag über durch, werden also zwischendurch nicht ausgemacht. Und sie fahren sich auch anders: Es geht darum, im Verkehr so oft wie möglich Energie zurückzugewinnen. Für die neuen Busfahrer/-innen der KVB heißt das: Bald werden sie wieder die Schulbank drücken. Denn auch das Kennenlernen neuer Technik ist Teil der Mobilitätswende – und damit ein weiterer Schritt zur lebenswerten Stadt Köln.

VORZEIGEPROJEKT LENTPARK

Mehr als ein Naturteich

DIE MEISTEN KÖLNER KENNEN DAS EIS- UND SCHWIMMSTADION IM LENTPARK DURCH SEINE EISPARTY UND DAS NATURSCHWIMMBECKEN. DOCH HINTER DEN KULISSEN LÄUFT EIN AUSGEKLÜGELTES ENERGIESYSTEM AUF HOCHTOUREN – DAS EUROPAWEIT FÜR AUFSEHEN SORGT.

Jedes Jahr ziehen tausende Kölner im Lentpark ihre Bahnen. Was viele von ihnen nicht wissen: Das kombinierte Eis- und Schwimmstadion im Stadtteil Riehl ist ein energetisches Meisterwerk. Das smarte Energiekonzept, das die KölnBäder gemeinsam mit der RheinEnergie ausgearbeitet haben, wurde sogar als erstes Eisstadion Europas in das Green-Building-Programm der Europäischen Kommission aufgenommen. Insgesamt 25 Millionen Euro haben die KölnBäder in das Vorzeigeprojekt investiert.

Auf dem Dach tanken 244 Solarmodule auf 400 Quadratmetern Sonnenenergie, beheizen damit ganzjährig das Schwimmbad und kühlen im Winter die Eisbahn. Die Fotovoltaikanlage erzeugt jedes Jahr rund 50.000 Kilowattstunden Strom – und damit so viel, wie 20 Drei-Personen-Haushalte verbrauchen. Ein Teil des gewonnenen Stroms fließt direkt in die 20 E-Bike-Ladestationen vor dem Haupteingang. Zusätzlich steht im Keller ein Blockheizkraftwerk.

Auch das Schwimmen ist im Lentpark nachhaltig. Das Außenbecken funktioniert wie ein Badesee: Das Wasser wird nicht mit Chlor gereinigt, sondern durch ein komplexes Filtersystem, welches das Wasser mithilfe von Kohle-Sand-Filtern ressourcenschonend aufbereitet und zurück in das Becken führt.

135 × 34

Meter messen die drei Carports, die gerade auf dem Betriebshof Nord entstehen. Hier sollen künftig die E-Busse der KVB laden.

520

Tonnen Kohlendioxid sparen E-Busse im Vergleich
zu ihren Diesel-betriebenen Pendants ein.

50240

Kilowatt umfasst die Leistung der Schnellladesäulen
an den Endhaltestellen.