Kölner Verkehrs-Betriebe AG Geschäftsbericht 2019
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Wesentliche Ereignisse des Geschäftsjahres

Der Rat der Stadt Köln hat die KVB im Dezember 2005 auf Basis der vom EuGH aufgestellten Kriterien mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Rahmen der Durchführung des ÖPNV betraut. Diese Betrauung wurde mit dem Ratsbeschluss vom 24. Juni 2008 bis Ende 2019 verlängert.
 
Für die dargelegten konkreten gemeinwirtschaftlichen Leistungen werden EU-konforme Ausgleichszahlungen gewährt. Diese Zahlungen werden anhand der nicht über die Kosten eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens hinausgehenden Erstattungen nachgewiesen und gelten damit als beihilfefrei. Zudem wird im jährlichen Lagebericht eine Tendenzaussage zur Einhaltung des maximal zulässigen Ausgleichsbetrages gefordert. Wir stellen diesbezüglich fest, dass wir auf Basis des Jahresabschlusses 2019 und der von uns vorgenommenen überschlägigen Ermittlung der Ist-Kosten der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen die in der Betrauungsregelung vorgegebenen Soll-Werte für das Jahr 2019 einhalten können.

Auf Wunsch der Stadt Köln ist die KVB im Anschluss an die Betrauung im Wege der Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der EU-VO 1370/07 bzw. § 108 GWB mit der Fortführung des ÖPNV ab dem 1. Januar 2020 für 22,5 Jahre beauftragt worden. Der Ratsbeschluss zur Vorabbekanntmachung ist am 28. September 2017, die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt im Dezember 2017 erfolgt. Am 4. April 2019 erfolgte der Ratsbeschluss zur Direktvergabe und im Anschluss am 11. April 2019 die damit verknüpfte Weisung an die KVB. 

Anfang Mai 2019 hat ein Busunternehmen bei der Vergabekammer Rheinland einen Nachprüfungsantrag gestellt. Die Vergabekammer stellte daraufhin in der ersten Instanz jedoch die Wirksamkeit der Direktvergabe an die KVB fest. Das antragstellende Unternehmen hat anschließend sofortige Beschwerde bei der zweiten und gleichzeitig letzten Instanz (OLG Düsseldorf) eingelegt. Die Entscheidung des OLG wird am 27. April 2020 erwartet. Die KVB und die Stadt Köln sind übereinstimmend von der Rechtmäßigkeit der Direktvergabe überzeugt und sehen der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf optimistisch entgegen.

Die Havarie am Waidmarkt hat zum Einsturz des Historischen Stadtarchivs geführt. Die Stadt Köln und die KVB haben Anträge gestellt, im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens vor dem Landgericht Köln die Ursachen für den Einsturz festzustellen. Diese Aufgabe hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Hans-Georg Kempfert übernommen. Im Mai 2018 hat der Sachverständige die abschließenden Gutachtenteile dem Landgericht Köln vorgelegt, mit folgenden Kernaussagen:

  • Aus Sicht des Sachverständigen konnten alle Beweisfragen abschließend und vollständig beantwortet werden, ohne dass aus sachverständiger Sicht noch Zweifel an den Ursachen des Einsturzes des Historischen Stadtarchivs vorliegen.
  • Es kann eindeutig festgestellt werden, dass bei der Herstellung der Schlitzwand durch Baufehler unter Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik eine havarieursächliche Fehlstelle an der Schlitzwandfuge 10/11 erzeugt wurde.
  • Mit der eindeutigen Beantwortung aller Beweisfragen könnte aus sachverständiger Sicht die weitere Beweiserkundung eingestellt werden.

Die Feststellungen stimmen mit den Erkenntnissen der seitens der Staatsanwaltschaft Köln beauftragten Sachverständigen überein. 

Nach einer Entscheidung des Landgerichtes Köln im Juli 2018 wurde dem Sachverständigen Prof. Kempfert auf Antrag der Stadt Köln aufgegeben, die Beweiserkundung fortzusetzen. Durch die zusätzlichen Maßnahmen wird sich die Beweiserkundung voraussichtlich bis Ende des Jahres 2020 erstrecken.

An den Abschluss der Beweissicherung schließen sich die Verfüllung der Besichtigungsbaugrube sowie die Sanierung und die Fertigstellung des Gleiswechselbauwerkes an. Diese Arbeiten können voraussichtlich – abhängig von der Auswahl der Sanierungsvariante – einen Zeitraum von bis zu neun Jahren in Anspruch nehmen. 

Die Staatsanwaltschaft Köln hat am 15. Mai 2017 Anklage gegen sieben Personen erhoben, die beschuldigt werden, eine Mitschuld am Einsturz des Stadtarchivs und zweier angrenzender Wohnhäuser am 3. März 2009 zu tragen. Darunter befinden sich auch zwei Mitarbeiter der KVB. Im Geschäftsjahr 2018 wurde eine Mitarbeiterin der KVB freigesprochen; das Verfahren des zweiten Mitarbeiters der KVB befindet sich in Revision.

Zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2019 starteten die neuen Expressbuslinien 172 und 173. Beginnend in Widdersdorf und Weiden fahren sie ab der Haltestelle Junkersdorf über die Aachener Straße – auf der eine eigene Busspur installiert wurde – in die Innenstadt bis zur Haltestelle Dom/Hauptbahnhof. Diese umstiegsfreie Verbindung in die City steht unseren Kunden morgens zwischen 7.00 Uhr und 9.00 Uhr und nachmittags zwischen 15.00 Uhr und 19.00 Uhr zur Verfügung. Im ähnlichen Zeitraum verkehrt die neue Linie 171 im Zehn-Minuten-Takt ab der Haltestelle „Wiener Platz“ durch Buchforst und Kalk bis zur Haltestelle „Breslauer Platz/Hauptbahnhof“.

In Porz-Wahn wurde im Geschäftsjahr eine neue Park & Ride-Anlage mit fast 300 Plätzen eröffnet. Sie befindet sich neben dem dortigen S-Bahnhof und ermöglicht es unseren Fahrgästen, direkt in die S-Bahn-Linien 12, 13 und 19 sowie in diverse Buslinien umzusteigen.

Innovationen

Am 7. Juni 2018 hat der Rat der Stadt Köln Maßnahmenpläne zur Erweiterung und Modernisierung des Kölner ÖPNVs beschlossen. Darauf basierend hat die KVB den Kauf von neuen Stadtbahnen europaweit ausgeschrieben. Zunächst sollen 62 moderne Niederflurbahnen mit einer Länge von rund 60 Metern (sogenannte „Langzüge“) sowie zwei rund 30 Meter lange Niederflurfahrzeuge beschafft werden. Die Langzüge, welche die Fahrzeuge der Baureihe K4000 ersetzen, sollen auf der Linie 1 und perspektivisch auch auf der Linie 9 als rund 90 Meter lange Zugverbände fahren. Das Projekt ist in die Ausschreibungsphase gegangen. Die Vergabe erfolgt voraussichtlich Ende des Jahres 2020.

Drei Jahre nach der Elektrifizierung der Linie 133 hat die E-Busflotte eine kumulierte Laufleistung von 1.044.211 Kilometern erreicht. Die hohe Laufleistung spiegelt den Erfolg der elektrifizierten Linie 133 wider. Der gesamte Betriebsablauf auf dieser Linie wurde durch die Beschaffung eines neunten elektrischen Gelenkbusses wesentlich stabiler und flexibler. Durch die Erweiterung der E-Busflotte auf neun Fahrzeuge kann ein Fahrzeug als Reserve vorgehalten und somit muss bei Ausfall eines E-Busses kein Dieselbus mehr als Ersatzfahrzeug eingesetzt werden.

Im Jahr 2018 hat die KVB die Anschaffung weiterer 53 E-Busse europaweit ausgeschrieben und den Zuschlag Ende Dezember 2019 an den Hersteller VDL erteilt. Das Volumen beinhaltet 48 elektrische Gelenkniederflurbusse und 5 elektrische Soloniederflurbusse für die KVB. Die Lieferung soll ab Ende des Jahres 2020 erfolgen. In diesem Zusammenhang werden 3 linksrheinische und 3 rechtsrheinische Linien elektrifiziert.

Im fünften und letzten Betriebsjahr des laufenden Vertrages mit der Firma nextbike lag die Nachfrage mit 1,2 Mio. Fahrten leicht unter dem Vorjahreswert. Die Zahl der registrierten Kunden stieg um 32.000 auf rund 143.000. Die Zahl der Anbieter vergleichbarer Mobilitätsangebote (E-Tretroller) stieg im Geschäftsjahr weiter kräftig an. In diesem Umfeld konnte sich das KVB-Rad gut behaupten und erwies sich als robustes Angebot im dynamisch wachsenden Markt der Mikro-Mobilität. Anfang des Jahres 2019 hat die KVB mit den Vorbereitungen für die europaweite Neuausschreibung als stadtweites Angebot begonnen und diese im Juli veröffentlicht. Neben dem fünfmal größeren Bediengebiet steht insbesondere die agile technologische Entwicklung in diesem Marktsegment im Fokus der Ausschreibung. Das attraktive Angebot der kostenfreien Nutzung für VRS-Stammkunden bleibt erhalten und wird auf das gesamte Kölner Stadtgebiet ausgedehnt. Das Bediengebiet entspricht damit der Tarifzone 1b und ist ein weiterer Schritt in der ÖPNV-Integration. Die Inbetriebnahme des neuen Systems ist für das vierte Quartal 2020 geplant. Grund für die Wartezeit sind die aktuellen Lieferfristen auf dem asiatischen Beschaffungsmarkt. Der laufende Vertrag wurde verlängert, um das Angebot für unsere Kunden übergangslos sicherzustellen. 

Mit dem Projekt „Intermodal Transport Control System“ (ITCS) soll die Informations- und Kommunikationsmöglichkeit zwischen den Fahrern auf der Strecke und der Leitstelle verbessert werden. Ziel ist es, zeitgleich auch die Fahrgäste durch das neue Fahrgastinformationssystem über aktuelle Fahrzeiten zu informieren. Im Berichtsjahr wurde der Austausch von rund 450 Fahrgastinformationsanzeigern beauftragt. Die neuen Anzeigesysteme werden den Fahrgästen mehr Service und Komfort bieten. Farbige Darstellungen und Piktogramme werden relevante Informationen klar strukturiert und schnell erfassbar vermitteln. Damit ist der Weg offen für ein zukunftsfähiges Betriebsleitsystem.