Kölner Verkehrs-Betriebe AG Geschäftsbericht 2020
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Risiken- und Chancenbericht

Das im Unternehmen implementierte Risikomanagementsystem sichert mit vierteljährlich stattfindenden Risikoinventuren die permanente Überwachung von Risikofaktoren. Über die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) hinaus dient es dem frühzeitigen Erkennen sowie der Steuerung von Risiken, die potenziell die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der KVB gefährden, und fördert damit die Nutzung künftiger Handlungsspielräume.

Die konzernweite Unternehmensrevision prüft die Abläufe des Systems sowie dessen Wirksamkeit und Angemessenheit.

Im Rahmen des Risikomanagementprozesses werden alle identifizierten Risiken des operativen und strategischen Geschäftes analysiert und dokumentiert, nach Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit eingestuft sowie in die Unternehmenssteuerung integriert. 

Klassifizierung der Eintrittswahrscheinlichkeiten:

   
Sehr hoch über 50 % bis <100 %
Hoch über 20 % bis 50 %
Mittel über 5 % bis 20 %
Gering bis 5 %

Die Klassifizierung der Schadenshöhen orientiert sich an der Höhe des Jahresergebnisses und erfolgt für die KVB aktuell gemäß nachfolgender Tabelle:

   
Gravierend über 100 Mio. €
Wesentlich über 50 Mio. € bis 100 Mio. €
Moderat über 25 Mio. € bis 50 Mio. €
Niedrig bis 25 Mio. €

In den Risikomanagementprozess sind Vorstand, Konzernleitung und Aufsichtsrat durch regelmäßige Berichterstattung eingebunden. Die Meldeschwelle für diese Berichterstattung beträgt 3 Mio. € Netto-Schadenswert sowohl bei Ergebnisrisiken als auch bei reinen Cashflow-Risiken. Dieser Wert wird auch dem hier vorliegenden Risikobericht für den Ausweis konkreter Risiken zugrunde gelegt.

Zusätzlich zur regulären Abfrage erfolgt bei unvorhergesehenen wesentlichen Veränderungen eine Berichterstattung in Form einer Ad-hoc-Meldung.

Im Folgenden werden alle bedeutsamen Risiken und Chancen der KVB – bezogen auf den Zeitraum der Mittelfristplanung von 2021 bis 2025 – aufgeführt.

Marktrisiken und -chancen

Mindereinnahmen aufgrund der Covid-19-Pandemie

Die Covid-19-Pandemie hat sich im Jahr 2020 auf die gesamte ÖPNV-Branche negativ ausgewirkt. Auch im Jahr 2021 wird das Kundenverhalten im ÖPNV weiter stark von der Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 abhängen. Das Marktrisiko für die KVB bezogen auf die zu erzielenden Verkehrserlöse verschärft sich durch den seit Anfang des Jahres 2021 vorherrschenden zweiten Lockdown deutlich, der erwartungsgemäß bis Ende April 2021 anhalten wird. Daraus resultierende zusätzliche Auswirkungen hat die KVB im Rahmen einer Ad-hoc-Meldung vom 29. Januar 2021 bereits bekannt gegeben.

Für die Zeit nach dem Lockdown geht die KVB davon aus, dass – mit steigender Impfquote und einer wieder zunehmenden Wahrnehmung der Notwendigkeit einer Verkehrswende – der negative Trend bei der Verkehrserlösentwicklung im Mai 2021 gestoppt und umgekehrt werden kann.

Es wird erwartet, dass die Fahrgastzahlen Ende 2022 wieder das Niveau aus 2019 erreichen. Allerdings könnten unvorhergesehene Entwicklungen bei der Pandemie, etwa hinsichtlich möglicher Virus-Mutationen, zu weiteren Einschränkungen der Gesamtmobilität der Bevölkerung führen. Dies würde zusätzliche Verkehrserlöseinbußen zur Folge haben.

Bereits Ende 2020 hatten sich die Länder auf eine Fortsetzung des ÖPNV-Rettungsschirms für 2021 verständigt und aufgrund seiner Finanzierungsverantwortung für den SPNV Gespräche mit dem Bund über die Verteilung der Finanzierungslast aufgenommen. Bei einer positiven Abstimmung zwischen Bund und den Ländern könnten auch im Jahr 2021 finanzielle Mittel für eine dritte Phase des ÖPNV-Rettungsschirms zur Verfügung stehen.

Änderung VRS-Tariffortschreibungsmodell

Die VRS GmbH hat dem Beirat am 17. September 2020 einen neuen Vorschlag für das Tariffortschreibungsverfahren ab 2022 vorgelegt, nach dem es zu niedrigeren Fortschreibungssätzen kommen könnte. Es ist davon auszugehen, dass die Zweckverbandsversammlung ein neues Tariffortschreibungsmodell beschließen wird, welches die Entwicklung der Verkehrserlöse belasten würde.

Rahmenbedingungen und rechtliche Risiken

Zum 31. Dezember 2020 existieren für die KVB keine wesentlichen Risiken, die rechtliche Rahmenbedingungen beziehungsweise bestehende Verträge betreffen.

Betriebsrisiken

Die Fahrzeuge und technischen Anlagen setzt die KVB mit einem hohen Grad an Zuverlässigkeit und Sicherheit sowie unter Berücksichtigung gegebener Umweltstandards ein. Technischen Ausfallrisiken sowie umweltbezogenen Risiken begegnet das Unternehmen mit einer permanenten Verbesserung des technischen Standards. Zum 31. Dezember 2020 werden folgende konkrete Betriebsrisiken ausgewiesen:

Risiken im Rahmen des E-Bus-Projektes

Der geplante Betrieb eines E-Bus-Netzes stellt mit seinem automatisierten Betriebshofmanagement neue Anforderungen an die Fahrzeugdisposition. Bei der Einführung des E-Bus-Betriebs existieren wesentliche Schnittstellen zu KVB-internen Projekten sowie externen Beteiligten. Um die E-Busse auf den vorgesehenen Linien betreiben zu können, muss die komplexe Ladeinfrastruktur auf den Betriebshöfen termingerecht bereitgestellt und müssen die E-Busse und die Ladestationen in die KVB-Leitstelle eingebunden werden. Verzögerungen an nur einer dieser Schnittstellen könnten zu nicht geplanten Zusatzkosten führen, die das Unternehmensergebnis zusätzlich belasten.

Zudem wurden im Rahmen des Grundstückskaufs für den geplanten neuen Betriebshof Ost bei Bodenproben erhöhte Schadstoffbelastungen im Grundwasser festgestellt. Es besteht das Risiko, dass die Schadstoffbelastung über den zulässigen Grenzwert steigt und damit aufwendige Filter- und Reinigungsarbeiten seitens der KVB notwendig werden.

Jahrhunderthochwasser

Von einem möglichen Jahrhunderthochwasser wäre der Linienbetrieb in großen Teilen Kölns betroffen. Eine mögliche Folge wäre – neben der Beeinträchtigung des Stadtbahn- und Seilbahn-Betriebs – die Beschädigung der Betriebstechnik vor allem in der U-Bahn. Die KVB hat allerdings eine Vielzahl von Gegensteuerungsmechanismen eingeleitet und etabliert. Das Gefährdungspotenzial dieses Risikos wird deshalb als gering eingeschätzt.

Finanzrisiken

Zum 31. Dezember 2020 werden folgende konkrete Finanzrisiken ausgewiesen:

Zuschussrückforderungs- bzw. -ausfallrisiken beim ITCS-Projekt 

Die Förderung von Infrastrukturvorhaben kann aufgrund verschiedener Einflussfaktoren gefährdet sein. Im Rahmen des ITCS-Projektes, das die Modernisierung des Betriebsleitsystems zum Ziel hat, besteht für die KVB die Gefahr, dass durch Nichteinhaltung der vom Zuschussgeber vorgegebenen Fristen geplante Zuschüsse nicht gewährt werden. Die KVB hat fristgerecht Antrag auf Verlängerung des Bewilligungszeitraums gestellt. Im Falle einer nicht genehmigten Verlängerung des Bewilligungszeitraums besteht zudem das Risiko, dass bereits im vorangegangenen Bewilligungszeitraum abgerufene Fördermittel zurückgefordert werden, sofern der ursprünglich geplante Zuwendungszweck einzelner Arbeitspakete nicht erfüllt wurde. Zur Beherrschung dieser Risiken wurden seitens der KVB frühzeitig Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet.

Wegfall der EEG-Vergünstigungen für Fahrstrom durch Stromweiterleitung

Am 1. Januar 2019 ist das sogenannte Energiesammelgesetz in Kraft getreten. Der neu eingepflegte § 62b EEG stellt klar, dass sämtliche Strommengenweitergaben durch mess- und eichrechtskonforme Messeinrichtungen zu erfassen sind. Dies gilt insbesondere auch für die Stromweiterleitung an Dritte. Wird keine gesetzeskonforme messtechnische Abgrenzung durchgeführt, ist für die gesamte nicht abgegrenzte Strommenge der höchstgeltende EEG-Umlagesatz zu zahlen. Es besteht somit die Gefahr, dass die KVB die EEG-Vergünstigungen für Fahrstrom verliert. Eine Auswirkung auf das Ergebnis der KVB ist frühestens im Jahr 2024 gegeben. Aufgrund rechtzeitig eingeleiteter Maßnahmen seitens der KVB wird der Eintritt des Risikos als gering eingeschätzt.

Unglücksfall Waidmarkt

Am 29. Juni 2020 stimmte der Rat der Stadt Köln einem Vorschlag der Verwaltung zum Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen der Arge Nord-Süd Stadtbahn Köln, Los Süd, der Stadt Köln und der KVB zu (wir verweisen auf unsere Ausführungen zu den wesentlichen Ereignissen des Geschäftsjahres). Vor diesem Hintergrund bestehen zum 31. Dezember 2020 keine finanziellen Risiken aus dem Unglücksfall Waidmarkt bzw. der Sanierung und Fertigstellung des Gleiswechselbauwerkes.

Grundsätzlich sind durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem Stadtwerke Köln Konzern (SWK) finanzielle Risiken des operativen Geschäftes für die KVB weitgehend ausgeschlossen. Für Risiken des operativen Geschäftes hat die KVB darüber hinaus adäquate Versicherungslösungen abgeschlossen beziehungsweise im Bedarfsfall vorgesehen, um finanzielle Konsequenzen auf ein tragbares Maß zu reduzieren.

Hinsichtlich finanzieller Risiken des strategischen Geschäftes, die mit der Änderung gesetzlicher, vertraglicher sowie gesellschaftsstruktureller Rahmenbedingungen verbunden sind, werden frühzeitig geeignete Strategien entwickelt und entsprechende Maßnahmen abgeleitet sowie umgesetzt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind keine Risiken bekannt, die den Fortbestand der KVB gefährden. Gegen alle heute bereits erkennbaren Risiken des operativen und strategischen Geschäftes wurden entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Um auch unvorhergesehene zukünftige Herausforderungen bewältigen zu können, setzt die KVB darauf, langfristig gegebenes Wachstumspotenzial auf der Einnahmenseite auszuschöpfen und die Kostenseite weiter zu optimieren. So wird die Wirtschaftlichkeit kontinuierlich verbessert und weiterhin Mobilität auf hohem Niveau gewährleistet.